Religion heute

22. Dezember 2023

Die Zeder

Filed under: Predigten — Dieter Koch @ 17:31

Bäume wie die Zeder strahlen Erhabenheit und Würde aus. Sie verströmen Stärke, Trotzmacht, und zugleich Stille, durch die der Wind des Lebens tobt. Sie, die großen und weitausschwingenden Bäume sind in vielen Jahren gewachsen und haben sich in so vielen  Jahrzehnten gestählt, das sie uns von der Gelassenheit erzählen, von der stillen Größe dessen, der sich nicht mehr aus dem Takt bringen lässt, dem nichts Menschliches fremd ist und doch ruhig und freundlich ist. So ein Baum wird einem zum inneren Wächter, so ein Baum ist ein lebendiges Symbol, in das hinein die Seele wachsen kann.

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Wir sind unruhig, wir sind unsicher, wir sind aufgeregt und haltlos, wir sind schwach und an uns selber verloren – doch wir wollen anders werden und wir können anders werden – werden wie ein Baum. Deshalb suchen wir solche Bäume und deshalb kann durch solche Bäume Gott zu uns sprechen und uns an den Baum des Lebens erinnern – an ihn selbst. Denn mag der Lebensbaum auch ein altes mythologisches Bild und ein Seelenmantel sein, er ist nur so gut, wie er uns auf Gott verweist, den Herrn der Natur und den Meister der Geschichte. An ihm muss unser Leben Halt gewinnen, von ihm her schöpfen wir Freude, er senkt in unsere Ruhelosigkeit seinen Frieden, er gewährt wahres Leben, ewiges Leben, unversehrtes Leben, Leben aus seinem Geist. Wer sich in die Natur versenkt, muss mit der Natur sich aufbrechen lassen – auf Gott hin. Gott werde ihm Wurzel und Stamm, Gott sei ihm Hoffnung und Heil, Gott inmitten der Dinge, diesseitig und jenseitig zugleich.

Von Rose Ausländer gibt es ein sehr schönes Gedicht, das davon spricht: Es lautet:

„Immer sind es Bäume, die mich verzaubern.

Aus ihrem Wurzelwerk schöpfe ich die Kraft für mein Lied.

Ihr Laub flüstert mir grüne Geschichten

Jeder Baum ein Gebet, das den Himmel beschwört

Grün die Farbe der Gnade, Grün die Farbe des Glücks.“.

Lassen sie sich immer wieder neu verzaubern von Bäumen, von ihrer Größe und Stille, und lassen sie diesen Zauber in sich wirken, damit die Seele weiter und tiefer atmen und leben lernt. Lassen sie diese Weite bei sich ein, und reifen sie in ihm immer mehr in die erhabene Würde hinein, von der Bäume erzählen. Ihr Leben wird leiser dadurch, und innerlich reifer. Lassen Sie sich von Bäumen wie der Zeder anregen, die eigenen Wurzeln zu entdecken, das, was ihnen Halt gibt und sie kraftvoll durchströmt – das entscheidend Unverzichtbare, die innere Gründung in Gott, die Verwurzelung in der Familie, das Hören auf den Leib, der sie trägt, die Musik, die sie erfüllt und ihre Seele durchströmen will, die Quellen des Geistes und der Seele, empfangene Zuwendung, geteilte Liebe, schlummernde Talente und gelebte Pflicht. Schöpfen sie Kraft aus dem, was Kraft gibt und nicht nimmt. Besinnen sie sich immer wieder auf das zurück, was sie innerlich aufrichtet, tröstet und ermutigt – auf Gott und sein Wort und werden sie achtsam für die Geschichten des Lebens, die guten, wohltuenden, gelingenden Geschichten, die grünen Geschichten, von denen Rose Ausländer spricht, die im Laub der Bäume zu mir flüstern.

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