Religion heute

23. Dezember 2023

Er heilt die zerbrochenen Herzen

Filed under: Predigten — Dieter Koch @ 11:08

Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden (Psalm 147,3)

Wir gedenken unserer Verstorbenen. Der Tod ist eingekehrt und hat sie mit sich gerissen. Wunden wurden geschlagen, Wunden brennen. Hier und da hat sich erste Heilung eingestellt. Der Wundschorf legt sich über die aufgerissenen Seiten unserer Seelen. Narben beginnen sich zu schließen. Ist es so?

Trauer lässt sich nicht einfach überwinden. Trauer lässt sich nicht wegwischen. Die Trauer verwebt sich mit unserem Leben. Etwas von ihr bleibt immer, selbst wenn die Tage langsam leichter werden, selbst wenn sich Menschen wieder vergessen können, selbst wenn Ihnen neues Glück, ein neues Lebenslicht leuchtet. Wohin?

Trauer brennt sich ein. Trauer verwandelt uns, so wie sie sich auch selber verwandelt. Aus Schmerz kann Hoffnung aufleuchten, Hoffnung kann uns in ein bewussteres Leben führen. Wie kostbar sind die Tage? Wie vergänglich ist die Zeit? Herr, lehre uns bedenken, dass auch wir sterben müssen. So fülle uns frühe mit deiner Gnade. Fördere wieder das Werk unserer Hände

Gnade begegnet uns in aufglänzenden Momenten der Freude. Gnade leuchtet uns entgegen im Lächeln derer, die uns lieben. Gnade liegt in der Stille eines neuen Morgens. Gnade hüllt sich in Worte, die trösten, die uns aufrichten. Es ist, als dürften wir wieder aufatmen, hören wir ein Wort wie dieses: Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.

Um uns das vor Augen zu halten, betrachte ich mit Ihnen die Fotografie einer Schale. Irgendwann einmal ist sie zu Bruch gegangen. Aber man hat ihre Scherben nicht einfach in den Müll geworfen und entsorgt. Man hat sie aufgehoben und mit einer besonderen Methode wieder zusammengefügt. Diese Methode stammt aus Japan und heißt Kintsugi.

Das Besondere daran ist, dass man sich nicht bemüht hat, die Scherben so aneinander zu fügen, dass man möglichst wenig von den Bruchstellen sieht. Im Gegenteil: die Methode des Kintsugi lässt die Bruchstellen erst recht hervortreten. Dem Klebstoff aber ist Gold beigemischt worden, so dass die Bruchstellen veredelt werden.

Die Bruchstellen meines Lebens, die mich ausmachen, werden nicht einfach spurlos ausgelöscht, sie verschwinden nicht, sie werden vielmehr von Gott behutsam zusammengefügt und geklebt. Die Wunden bleiben, aber mit dem Gold fällt sein Licht in uns, fällt auf die Narben. Gott lebt im Beten unserer Liebe fort, sinkt immer tiefer in die eigne Segnung.

Hier unten sind wir nur Begegnung. Doch Aufgeblühte sind wir dort, heißt es in einem Gedicht von Nelly Sachs. In der Versöhnung, die Gott stiftet, in der unendlichen Stille seines Friedens werden Wunden geheilt, kommt wieder zusammen, was getrennt war, werden Schmerzen gestillt, kommt man mit sich selbst ins Reine. „Wir müssen leiser, immer leiser werden/ dass uns der sanfte Engel wieder ruft/ Im Lärm der Dinge dunkelt eine Gruft/ drin Friede ruht, das schöne Totenwort./ Gott lebt im Beten unsrer Liebe fort/ sinkt immer tiefer in die eigne Segnung. Hier unten sind wir nur Begegnung, doch Aufgeblühte sind wir dort“ (Inschrift auf die Urne meines Vaters von

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